Evangelisch in Schonungen (15)
Die Partnerschaft mit Lübz
Noch zu Zeiten des zweigeteilten Deutschlands wurde um 1960 eine Partnerschaft zwischen der evangelischen Kirchengemeinde Schonungen und der evangelischen Gemeinde Lübz, DDR, ins Leben gerufen. Lübz ist eine eher dörflich geprägte Kleinstadt an der Müritz-Elde-Wasserstraße. Es lag damals
im Verwaltungsbezirk Schwerin, heute Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Initiiert wurde die Partnerschaft von der Frau des ehemaligen Schonunger Bürgermeisters Wartner, Käthe Wartner; begründet wurde sie durch Pfarrer Nägelsbach (Schonungen) und Pastor Sommer (Lübz). Die Partnerschaft hatte zum Ziel, Beziehungen zwischen den Menschen beider Kirchengemeinden herzustellen sowie Kirche und Kirchenmitglieder im kirchenfeindlichen sozialistischen DDR-Staat auch wirtschaftlich zu unterstützen. Die Partnerschaft begann zunächst mit einem losen Austausch von Weihnachtsgrüßen. Aber schon ab 1961, und dann jährlich, wurden zwölf und mehr große Weihnachtspakete mit vielem, was in der Mangelwirtschaft der DDR nicht erhältlich war, nach Lübz geschickt - gesammelt und gepackt vornehmlich vom Schonunger Frauenkreis. Immer wieder kamen ganz konkrete Hilferufe aus Lübz, z.B. einmal nach Maschendraht, nachdem dort immer wieder Scheiben der Kirchenfenster eingeworfen wurden. Es ist erstaunlich, dass Maschendraht und sogar ein Orgelmotor den Eisernen Vorhang überwinden konnten. Da reguläre Besuche zu DDR-Zeiten verboten waren, fand ein erstes Treffen von Lübzern und Schonungern unter Pfarrer Böhme 1973 konspirativ im Ost-Berliner Pergamon-Museum statt. Völlig überraschend kam Pfarrer Günther am 24. und 25. September 1974 zu Besuch „in den Westen“ nach Schonungen. Die Kirchengemeinde konnte ihm, wunschgemäß, einen Kassettenrekorder nebst Zubehör für seine Gemeindearbeit mit auf den Weg geben. 1975 erhielten Mitglieder der Schonunger Kirchengemeinde nach vergeblichen Anträgen erstmals die Einreisegenehmigung in die DDR um nach Lübz zu fahren. Frau Wartner übernahm eine Patenschaft in der Lübzer Familie Biehl. In der Folgezeit wurde es ruhiger um die Partnerschaft.
Hauptsächlich die beiden Pfarrer Jürgen Lehner und Winfried Waack hielten den Kontakt bis zur Wende 1989. 1993 besuchte der Schonunger Posaunenchor die Kirchengemeinde in Lübz. Im Jahr 2003 war Pastor Waack mit seiner Gattin und Kirchenvorstandsmitgliedern zu Gast in Schonungen. Mitte September 2004 reiste eine Schonunger Delegation mit Pfarrer Vocke offiziell zum letzten Mal nach Lübz. Der Anlass war die Verabschiedung von Pastor Waack in den verdienten Ruhestand. Sich als Kirche und Kirchengemeinde in DDR-Zeiten den Staatsorganen gegenüber zu behaupten, erforderte Mut und Unbeugsamkeit. Pastor Waack vertrat die Interessen seiner Gemeinde resolut und unerschrocken und war auch in seiner Landeskirche ein konstruktiv-kritischer Geist. Im Mai 2009 kam sein Nachfolger im Amt, Pastor Enrico Koch, nach Schonungen zum Gegenbesuch. Ab da waren es persönliche Beziehungen, die immer wieder Anlass zu einem Besuch in Lübz gaben. Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik und dem Wegfall wirtschaftlicher Gründe fand die Partnerschaft in der vergangenen Dekade ein stilles Ende.
Bis zu seinem 80sten Lebensjahr übernahm Pastor Waack auch als Emeritus regelmäßig Gottesdienste und Kasualien. Er verstarb im Juli dieses Jahres.